Tag 14: Colombia – Tierra de contrastes

Halb Kolumbien ist mit Regenwald bedeckt. Aber es gibt auch eine Wüste hier, die über 300 km2 große „Desierto de la Tatacoa“. Auf unserem Weg von Neiva nach Ibague wollen wir uns diese Wüste ansehen. Aufgrund ihrer geografischen Lage ist es dort eigentlich selbst in der Regenzeit extrem niederschlagsarm. Aber da es die letzten Tage wohl auch hier etwas geregnet hat, sind die meisten Wege unpassierbar, sagt zumindest der Ranger am Eingang zur Wüste. Wir probieren es trotzdem und siehe da, im Gegensatz zur Schlammhölle vor ein paar Tagen ist das hier gar nichts. Ab und an durchfahren wir ein paar Pfützen, ansonsten ist es trocken, steinig und staubig. Und heiß, es hat 35°C und ich schwitze.

Die „Desierto de la Tatacoa“ ist wohl eher eine Halbwüste, denn es gibt durchaus Pflanzen, Sträucher und natürlich Kakteen. Wir durchfahren den Canyon und als dann auch noch ein relativ großer „Grüner Iguana“ vor meinem Motorrad hektisch die Fahrbahn kreuzt, ist das Bild der Wüste perfekt. Ich genieße die wundershöne Kurvenstrecke durch die Abgeschiedenheit. Außer uns ist niemand unterwegs. Lediglich zwei Spaziergänger kommen uns entgegen. Zwei junge Männer, offensichtlich Touristen, denn sie tragen kurze Hosen, Halbarmhemd und Wandersandalen. Die Landschaft ist extrem abwechslungsreich, nach der Halbwüste fahren wir offroad weiter über Hügel, vorbei an grünen Wiesen und halten schließlich auf einer Brücke an, die über den Fluß Rio Magdalena führt. Sergio lässt die Drohne fliegen und ich kann mein Knie ausruhen, das in der Hitze ganz schön angeschwollen ist.

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Tag 13: Tarantulaaaaaaaa!

Mit Mocoa haben wir unseren südlichsten Punkt in Kolumbien erreicht. Wir hatten zwar kurz überlegt, noch schnell nach Ecuador einzureisen – dort soll es einen sehenswerten Friedhof direkt hinter der Grenze geben – wir haben uns dann aber doch dagegen entschieden, da ich nicht weiß, wie lange ich mit meinem Knie durchhalte.

Tatsächlich kann ich das linke Knie immer noch nicht belasten. Außerdem bin ich heute morgen mit Schulterschmerzen aufgewacht. Links zwischen Schlüsselbein und Schulter ist es blau und geschwollen, außerdem hab ich einen länglichen tiefblauen Fleck am rechten Unterarm entdeckt. So langsam kommen immer mehr Wehwechen zum Vorschein und ich fühle mich auch entsprechend. Matschig und gar nicht fit. Ich lege die Bandage am Knie an und ziehe den Protektor darüber. Damit ist das Knie zumindest etwas stabilisiert. Meine Taschen sind gepackt, die Jungs möchte sie gerade zum Motorrad tragen (was ich unter den gegebenen Umständen ausnahmsweise erlaube), da entdecke ich eine riesengroße Spinne an der Garderobe, wo eben noch meine Jacke hing. Ich schreie auf und hüpfe ein halben Meter zurück. Bei Spinnen, Schlangen und Wespen werde ich hysterisch. Und diese Spinne hier ist ein Monster, die frisst Babys zum Frühstück. Oh eine Tarantula, sagt Sergio erfreut, holt meinen Stock, der vor der Tür steht und stupst die Tarantula an. Diese rennt in einem Affenzahn über die Wand. Ich erschrecke erneut, schreie laut und hüpfe weiter Richtung Tür. Die Jungs lachen und Sergio meint, es ist eine ganz kleine Tarantula, quasi ein Baby. Ich hab mittlerweile panisch Jacke und Stiefel wieder ausgezogen und bitte Erhan, alles auf Spinnen zu untersuchen. Lächerlich, aber ich bilde mir ein, dass es überall an mir krabbelt. Und vermutlich habe ich die übrigenen Mitglieder der Tarantula Familie in meiner Mosko Moto Tasche. Ekelhaft. Ich werde meine Taschen nie wieder auspacken.

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Tag 12: Im Amazonas

Ich habe die Nacht kaum geschlafen, trotzdem stehe ich um 7 Uhr auf, da wir heute relativ zeitig in den Amazonas aufbrechen möchten. Das Frühstück ist ein Gedicht: Pancakes mit Früchten, Müsli und Frischkäseflocken. Wie immer muss ich mein Essen gegen Katzen und Hunde verteidigen.

Direkt bei unserem Hostal POSADA DANTAYACO ums Eck liegt der Eingang zu „Fin del mundo“, einem Amazonaswanderweg an dessen Ende man einen 80 m hohen Wasserfall erreicht. Mein linkes Knie ist stärker geschwollen als gestern, trotzdem möchte ich mit den anderen mitgehen oder besser humpeln. Statt dem starken Tramadol nehme ich Ibuprofen, außerdem gibt mir Anita Lidocain Pflaster. Ausreichend gedopt kann es losgehen!

Das Klima hier ist tropisch warm, bereits jetzt hat es 25°C und die Luftfeuchtigkeit ist ziemlich hoch. Nachdem wir uns am Eingang von Fin del mundo registriert haben, begleitet uns ein Guide das erste Stück. Als er sieht, dass ich humpel, bringt er mir einen Stock. Für die Wanderung zum Wasserfall brauche ich fast 3 Stunden. Der Weg ist teilweise sehr steil und steinig, außerdem an manchen Stellen so rutschig, dass ich mich an den Bäumen festhalten und hochziehen muss. Die anderen warten geduldig oder helfen mir über die sehr steilen und matschigen Passagen. Und der Stock ist wirklich Gold wert, so kann ich das Knie etwas entlasten.

Der Amazonas ist genauso wie ich ihn mir vorgestellt hatte: Tiefgrün, die verschiedensten Bäume wachsen hoch in den Himmel, es blühen exotische Blumen, bunte Schmetterlinge fliegen wuselig umher und ich sehe sogar eine Ameisenautobahn. Die flinken Ameisen tragen kleine grüne Blätter, die sie von einem Baum abgenagt haben, quer über den Wanderweg. So etwas habe ich bisher nur auf dem Discovery Channel gesehen. Der Amazonas raschelt und knistert, Vögel singen und natürlich ist es nass. Der Boden, die Bäume. Überall. Die erste große Pause machen wir an einem kleinen Wasserfall mit großem Becken, in dem einige Besucher baden. Die ganz Mutigen springen von den Felsen in das kristallklare und kalte Wasser. Von uns geht keiner Baden, Sergio lässt lieber die Drohne steigen – unter den neugierigen Blicken der Kids. Dann geht es nochmal eine halbe Stunde weiter bis zum Wasserfall. Und der rauscht gewaltig!

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Tag 11: Trampolin de la muerte

Ich wache auf, drehe mich im Bett um und sehe aus dem Fenster. 2 m von meiner Cabana entfernt steht eine Kuh und grast, eine weitere liegt hinter ihr. Die Cabanas sind voll verglast und man hat einen wunderbaren Rundum-Blick in die Natur. Es ist sicher ein herrlicher Ort zum Entspannen. Aber nicht für uns, heute steht eine ganz besondere Offroad Strecke auf dem Programm, auf die ich mich schon seit Tagen freue. Die Trampolin de la muerte, eine der gefährlichsten Straßen in Kolumbien, die uns bis zum Amazonas bringen wird. Das Frühstück fällt extrem spartanisch aus. 2 Spiegeleier und schwarzer Kaffee. Als wir nach Brot fragen, bekommen wir staubtrockene kleine Semmeln. Anita meint, dass wir nochmal anhalten, bevor wir die Trampolin de la muerte fahren.

Bereits 10 km nach Abfahrt halten wir an einem Parkplatz. Die karge Landschaft ist geprägt von einer ganz besonderen Pflanze, die nur über 3.000 m wächst: Sie heißt Frailejones und sieht ein bisschen aus wie ein kleine Palme mit Sturmfrisur. Frailejones speichern Wasser und geben es in der Trockenzeit in den Boden ab, damit andere Pflanzen mehr Wasser abbekommen. Deswegen findet man sie meisten in der Nähe eines kleinen Baches. Wir gehen in das Feld und der Boden ist tatsächlich wasserdurchtränkt und wenn man den Stamm der Pflanze drückt, gibt sie Wasser ab. Sehr soziale Pflanzen.

Wir queren von West nach Ost zuerst auf Asphalt bis wir nach dem Ort San Francisco zum Lunch halten. Kurz darauf beginnt die 60 km lange Trampolin de la muerte. Es ist genau die Art Offroad-Track, die ich so sehr liebe. Fester, steiniger Boden, viele Kurven und eine atemberaubende Landschaft. Kathl und ich fliegen über die Straße, so schnell wie heute war ich noch nie unterwegs. Für eine gute Stunde sind wir im Flow, ich bin überglücklich, voller Elan und auch Erhan sagt bei einem kurzen Stopp, dass er nicht mit so einer Geschwindigkeit gerechnet hätte.

Ich fahre in dem Tempo weiter, es wird anstrengender, meine Kräfte lassen nach, aber ich will nicht aufhören. Ich merke nicht, oder ich will es nicht wahrhaben, dass ich am Limit fahre. Dann – vor einer Linkskurve passiert es. Ich bin viel zu schnell unterwegs, überbremse in Schräglage und stürze. Ich schlage mit meinen Knien hart auf dem Boden auf, der Schlag auf dem linken Knie löst einen furchtbaren Schmerz aus. Erhan, der hinter mir fährt, hält an, hilft mir auf und bringt mich an den Fahrbahnrand. Alleine schaffe ich es nicht. Er stellt mein Motorrad auf und fährt es zur Seite. Jetzt erst bemerke ich, dass in der Kurve ein Lkw steht. Das hätte auch schlimmer ausgehen können. Ich habe meine Jacke ausgezogen, sitze auf dem Boden und versuche, meine Knie zu bewegen. Die Schmerzen im linken Knie sind heftig. Aber ich kann das Bein strecken und wieder beugen. Ich bitte Erhan, mir die Arnica Kügelchen aus meinem Tankrucksack zu bringen, die mir meine liebe Mama für solche Fälle mitgegeben hat. Aber kurz darauf brauche ich dann noch die Ibuprofen. Es tut einfach höllisch weh. Erhan fragt, ob ich mir das Knie ansehen will. Lieber nicht, antworte ich. Sonst tut es noch mehr weh. Anita und Sergio biegen um die Ecke und halten an. Ich beiße die Zähne zusammen, möchte mir auf keinen Fall etwas anmerken lassen. Ob es mir gut geht, will Anita wissen. Sie haben gesehen, dass ich auf dem Boden lag. Ich nicke und will zum Motorrad laufen, aber kann kaum auftreten. Ich beiße die Zähne noch mehr zusammen und setze langsam einen Fuß vor den anderen. Am Motorrad angekommen, ziehe ich mir meine Klamotten wieder an und versuche aufzusteigen. Unmöglich. Ich kann das Knie doch nicht mehr abknicken. Erhan hilft mir hoch und unter starken Schmerzen fahre ich eine halbe Stunde weiter bis zum Gipfel. Bei jeder Erschütterung schießt der Schmerz in mein Knie. Oben angekommen, schaffe ich es nicht abzusteigen. Anita schimpft mich, ich soll nicht die Harte spielen. Wir müssen noch 1,5 Stunden weiter fahren bis zu unserer Unterkunft in Mocoa und sie möchte mir daher ein stärkeres Schmerzmittel geben. Morphium frage ich? So etwas Ähnliches ja, meint sie. Es ist Tramadol, ein Opiat. Ich nehme 10 Tropfen und wir fahren weiter. Es dauert keine 10 Minuten, dann wird warm, mein Körper entspannt total und zuerst kitzelt es in beiden Knien, dann ist der Schmerz weg. Unfassbar. Ich fühl mich wie beflügelt, kein Witz. Erhan und ich sind über Intercom verbunden und ich fange an, wie ein Wasserfall mit ihm zu reden. Ununterbrochen. Bis wir in Mocoa im Hostal POSADA DANTAYACO ankommen. Ihm müssen die Ohren bluten. In meinem Zimmer ziehe ich Stiefel und Hose aus. Die Leggings unter meinem linken Knie-Protektor ist handtellergross aufgerissen. Am Knie selbst ist nur eine kleine Schürfwunde, aber es ist angeschwollen und rot-blau. Das rechte Knie ist ebenfalls an der Außenseite rot und dick. Ich humple in die Dusche und lege mich danach sofort ins Bett. Anita und Sergio kommen und Anita prüft meine Bänder. Scheint alles heil zu sein, zum Glück. Zum Schlafen soll ich nochmal 4 Tropfen Tramadol nehmen. Die Nacht ist trotzdem oder gerade deswegen furchtbar. Ich schlafe kaum, schwitze und habe Schmerzen, sobald ich mich nur ein bisschen bewege. Für morgen ist eine Amazonaswanderung zu einem 80 m hohen Wasserfall geplant, hoffentlich kann ich mitgehen.