Tag 13: Tarantulaaaaaaaa!

Mit Mocoa haben wir unseren südlichsten Punkt in Kolumbien erreicht. Wir hatten zwar kurz überlegt, noch schnell nach Ecuador einzureisen – dort soll es einen sehenswerten Friedhof direkt hinter der Grenze geben – wir haben uns dann aber doch dagegen entschieden, da ich nicht weiß, wie lange ich mit meinem Knie durchhalte.

Tatsächlich kann ich das linke Knie immer noch nicht belasten. Außerdem bin ich heute morgen mit Schulterschmerzen aufgewacht. Links zwischen Schlüsselbein und Schulter ist es blau und geschwollen, außerdem hab ich einen länglichen tiefblauen Fleck am rechten Unterarm entdeckt. So langsam kommen immer mehr Wehwechen zum Vorschein und ich fühle mich auch entsprechend. Matschig und gar nicht fit. Ich lege die Bandage am Knie an und ziehe den Protektor darüber. Damit ist das Knie zumindest etwas stabilisiert. Meine Taschen sind gepackt, die Jungs möchte sie gerade zum Motorrad tragen (was ich unter den gegebenen Umständen ausnahmsweise erlaube), da entdecke ich eine riesengroße Spinne an der Garderobe, wo eben noch meine Jacke hing. Ich schreie auf und hüpfe ein halben Meter zurück. Bei Spinnen, Schlangen und Wespen werde ich hysterisch. Und diese Spinne hier ist ein Monster, die frisst Babys zum Frühstück. Oh eine Tarantula, sagt Sergio erfreut, holt meinen Stock, der vor der Tür steht und stupst die Tarantula an. Diese rennt in einem Affenzahn über die Wand. Ich erschrecke erneut, schreie laut und hüpfe weiter Richtung Tür. Die Jungs lachen und Sergio meint, es ist eine ganz kleine Tarantula, quasi ein Baby. Ich hab mittlerweile panisch Jacke und Stiefel wieder ausgezogen und bitte Erhan, alles auf Spinnen zu untersuchen. Lächerlich, aber ich bilde mir ein, dass es überall an mir krabbelt. Und vermutlich habe ich die übrigenen Mitglieder der Tarantula Familie in meiner Mosko Moto Tasche. Ekelhaft. Ich werde meine Taschen nie wieder auspacken.

Nachdem ich mich beruhigt und wieder angezogen habe, beladen die Jungs netterweise meine KTM und wir starten los. 350 km sind es von Mocoa nach Neiva. Alles auf Asphalt. Und eigentlich ist es eine sehr tolle Strecke durch den Amazonas mit unglaublich vielen Kurven, allerdings ist der Zustand der Straße miserabel. Die Schlaglöcher sind teilweise so groß, dass man ein Kleinkind darin baden kann. Mit der Treffsicherheit eines Scharfschützen erwische ich natürlich die tiefsten Schlaglöcher. Was ich vergessen hatte zu erwähnen: Bei meinem Sturz auf der Trampolin de la muerte hab ich eine Delle in meine Vorderradfelge gefahren.
Das ist mir bei meiner 650 GS in Usbekistan auch passiert (Alugussfelge!) und ich bin mit der Delle über 1.000km weiter gefahren. Auch jetzt bei der KTM (Speichenrad!) hält die Luft, aber ich möchte das Vorderrad eigentlich nicht allzu sehr strapazieren. Eigentlich. Denn zu den Schlaglöchern gesellen sich diverse Lawinen, die unsere Fahrbahn teilweise oder ganz versperren. Da ist alles dabei, Geröllhaufen, Erdrutsch, ganze Bäume. Und einmal sogar ein einzelner Fels, doppelt so groß wie ein Medizinball. Alles natürlich vollkommen ungesichert und gern direkt hinter einer Kurve. Ich muss mich höllisch konzentrieren, was mich glücklicherweise ein bisschen von den Knieschmerzen ablenkt.

Die Lawinen sind auch angeblich der Grund, warum wir am Nachmittag vom Militär aufgehalten werden. Die Straße sei nicht befahrbar heißt es. Ich denke, es ist eher eine Übung für die 10 Auszubildenden, die um uns rum wuseln, während die Bosse an einem Häuschen gelehnt alles beobachten. Natürlich dürfen wir kurz darauf weiterfahren und natürlich ist die Straße in keinem schlechteren Zustand als bisher.

Es beginnt zu dämmern und wir haben noch drei Stunden Fahrt vor uns. Auf der unbeleuchteten Strecke lasse ich Erhan vorfahren, da seine 1290 das wesentlich bessere Licht hat. Adaptives Kurvenlicht, was für eine geniale Erfindung. Um 21 Uhr erreichen wir Neiva. Wir wollten es unbedingt bis hierher schaffen, da das Hotel, in dem wir übernachten, Anitas Cousin gehört. Und es ein richtig edler Schuppen ist. So ein Boutique Hotel im Versace Style. Im Eingang feinster Marmor, Kristallleuchter an der Decke, weiße Ledersofas. Danaben ein wilder, unordentlicher Haufen verdrecktes Motorradgepäck. Ich liebe solche Kontraste. Ob wir noch in den Pool wollen, fragt der Sicherheitsdienst. Ich lehne ab, ich bin zu erledigt um zu schwimmen. Wir waren die letzten Stunden unter 500 m bei entsprechenden Temperaturen unterwegs und in Neiva ist es selbst jetzt noch brütend warm. Mein Knie und der Unterschenkel pochen seit geraumer Zeit wie verrückt. Ich glaube die Bandage war etwas zu fest und hat das Bein abgeschnürt, das durch die Hitze angeschwollen ist. Im Zimmer kühle ich Knie und Unterschenkel mit einer eiskalten Flasche Wasser aus der Minibar bevor ich in dem weißen Designer-Lederbett erschöpft einschlafe.

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