Kamel vermisst!

Was für ein wunderschöner Morgen! Ich schaue aus dem Zelt auf unsere Bikes. Die Sonne scheint und ich freu mich auf ein Bad im See. Der See ist eigentlich eine Lagune, das glasklare Wasser ist gerademal knietief und der Grund feinster, weißer Sand. Kasachstan ist die gröste Überraschung auf unserer Reise bisher. Ich dachte, dass wir Kasachstan auf dem schnellsten Weg durchfahren, weil es hier außer Wüste nichts gibt. Wie sehr ich mich doch getäuscht habe.

Nach der Morgenwäsche bleiben wir noch ein bisschen im Wasser und genießen die warmen Sonnenstrahlen und die Ruhe. Zum Frühstück gibt es Kaffee und Brot mit Honig – die 1L Flasche aus Kirgisistan scheint nicht leerer zu werden.

Beim Aufpacken dann der Schock: Mein Kamel aus Usbekistan ist weg. Roland hatte uns beiden ein Stoffkamel gekauft, das an unserem Tankrucksack hing. Meines ist vermutlich bei einem meiner Stürze im Sand gestern abgegangen. Ich bin unendlich traurig und weine dicke Krokodilstränen. Das Kamel war mein einziges Souvenir. Roland möchte mir sein Kamel überlassen, ich lehne ab. So funktioniert das nicht. Mein Kamel ist weg, weil ich nicht ordentlich darauf aufgepasst habe. Da muss ich jetzt durch. Und weine weiter. Roland meint, er kauft mir ein neues Souvenir. Lieb gemeint, aber das beruhigt mich auch nicht.

Unsere heutige Etappe wird lang, wir wollen bis Aktöbe fahren, das sind über 700 km. Die Straße ist zum Glück Bombe, perfekter Asphalt und die meiste Zeit sind 110km/h erlaubt. Natürlich sehen wir wieder viele Kamele. Das ist jedes Mal ein Stich ins Herz, denn ich vermisse mein Stoff-Kamel.

In der Stadt Aral tanken wir voll und kurz danach sehe ich Frauen am Straßenrand mit großen getrockneten Fischen winken. Auf den Tischen stehen Plastikflaschen mit Kamelmilch. Und ich sehe Nierengurte. Roland stopp, wir drehen um! Hier verkaufen sie Nierengurte aus Kamelhaar. Kaum stehen wir, kommt die jüngere von beiden mit der Milch angelaufen. Nein sage ich und zeige auf den Kleiderbügel, an dem gestrickte Socken, ein Pullunder und die Nierengurte hängen. Sie zeigen uns verschiedene Modelle, Roland sucht sich einen aus und ich auch. Umgerechnet 2,50€ möchten sie für einen haben. Gekauft!

Die beiden Damen wollen uns gern noch einen Pullunder verkaufen, oder Kamelmilch oder einen Fisch. Nein danke, kein Platz sage ich. Sie bestehen darauf, dass ich wenigsten eine der weißen Kugeln probiere. Sieht aus wie ein Marshmellow ist aber hart. Und es schmeckt säuerlich. Ich habe eine Vermutung. Es ist vergorene und getrocknete Kamelmilch. Roland bekommt die Hälfte. Bevor er fragen kann, was es ist, steckt es schon in seinem Mund. Ehrlich gesagt, hatte ich den Geschmack schlimmer erwartet, Roland findet es auch ganz o.k. Wir kaufen trotzdem nichts davon und fahren wieder weiter. Auch wenn der Nierengurt kein Ersatz für mein Kamel ist, bin ich nun etwas besser drauf. Endlich hab ich wieder einen Nierengurt, meiner ist nämlich irgendwo in Kirgisistan verloren gegangen.

Es ist nach 22 Uhr und stockdunkel, als wir in Aktöbe im Hotel ankommen. 738 km haben wir heute geschafft. Die Dame an der Rezeption spricht kein Englisch, ein anderer Gast hilft weiter und so können wir tatsächlich noch Bier und Essen bestellen, das uns sogar aufs Zimmer geliefert wird.

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