Tag 4: Fango für alle!

Um 8 Uhr beladen wir die Bikes, dann gehen wir in eine Bar nebenan und frühstücken. Rührei mit Arepa und Käse, ich bestelle mir dazu einen frischen Mango-Saft. Unser heutiges Ziel ist das 110 km entfernte Salamina. Zwei Drittel der Etappe wird offroad sein.

Sobald wir aus Sonson raus sind, geht es auf unbefestigter Straße immer weiter den Berg hinauf. Die Landschaft wird grüner, der Wald dichter und man sieht vereinzelt die landestypischen, bunten Fincas. Es hat 25°C, die Sonne scheint und ich komme ziemlich ins Schwitzen.

Die Straße – wenn das unter meinen Reifen so nennen kann – ist von Schlaglöchern übersäht. Immer wieder liegen größere Steine auf der Fahrbahn. Oder es kreuzen wahlweise Rinder, Ziegen oder Hühner unseren Weg. Mitten im Nirgendwo halten wir an einer Finca an. Ein Junge, ca. 10 Jahre alt, verkauft uns Wasser aus seinem kleinen Shop bei der Finca. Um die Finca herum wächst überall das hohe Zuckerrohr und Sergio zeigt uns, wie man das Zuckerrohr mit einer Machete zuerst bearbeitet um es dann zu essen. Schmeckt süß (logischerweise) und ist faserig, die harten Fasern spucke ich wieder aus. Während wir so im Schatten sitzen, am Zuckerrohr kauen und Wasser trinken, bringt uns der Junge seinen Papagei. Und der kann wirklich sprechen. Und lachen. Es ist tatsächlich das erste Mal, dass ich einen Papagei live reden höre und bin ganz hin und weg – auch wenn ich bis auf ROBERTO kein einziges Wort verstehe.

Bevor wir fahren, wechsle ich mein Shirt – von Langarm zu Kurzam. Mit der Ortema Weste und der Jacke ist es ganz schön warm geworden. Und die Luftfeuchtigkeit ist realtiv hoch. Es geht ein paar Kilometer auf Schotter weiter, bis wir nach Mermitta kommen. Dort fragen wir nach dem Weg, da es zwei Routen Richtung Salamina gibt. Beide sind gleichermaßen anspruchsvoll, der rechte Weg dauert allerdings nochmal eine Stunde länger. Und es gibt noch einen weiteren Knackpunkt: Heute kam noch kein Fahrzeug diesen Weg hoch, meint der Mann. Es könnte also sein, dass eine Lawine oder irgendetwas anderes die Fahrbahn versperrt. Wir gehen das Risiko ein und fahren rechts entlang, schließlich ist das hier kein Kindergeburtstag.

Die kurvige Bergstrecke führt durch dichten grünen Wald, der Boden ist schön fest und trocken. Leider wird er nach einiger Zeit immer feuchter und rutschiger. Ich muss ein bisschen Geschwindigkeit rausnehmen und mich mehr konzentrieren. Bloß nicht stürzen, denke ich mir, das wäre mir unangenehm.

Zum Glück bricht kurz darauf Sergio das Eis und fällt mit Anita als erster. Der Untergrund ist richtig heimtückisch, man sieht nicht wie schlammig und vor allem tief es ist. Sergio und Anita liegen mit dem Motorrad quer zur Fahrbahn – passiert ist nichts, Anita hält sogar noch ihr Handy in der rechten Hand.

Sergio bekommt als Instruktor 100 Empathiepunkte von mir, jetzt bin nicht ich die erste, die gestürzt ist. Aber es dauert auch nicht lange, bis es mich erwischt. Der Schlamm ist wirklich mies und ich schaffe es gut 20 Minuten, die KTM durch den dicken Batz zu manövrieren, bevor ich in Zeitlupe nach rechts kippe und auch noch Hernan erwische, der neben mir fährt. Ich lande mit beiden Knien und Händen im Dreck. Auch meine Kathl und das Gepäck hat es erwischt, wir haben beide eine ordentliche Fango-Packung abbekommen. Meine Reifen haben quasi kein Profil mehr, der Schlamm klebt zwischen den Stollen. Aber es hilft nichts, noch sind es 70 km bis Salamina, 40 km davon sind offroad. Und der Mann von vorhin hatte recht: Auf einem steilen Stück treffen wir auf einen liegen gebliebenen Kleinbus, dessen Reifen tief im Matsch stecken. Sergio erfährt, dass sich der Bus bereits morgens festgefahren hat und auf einen Abschlepper wartet, der ihn rauszieht.

Eine halbe Stunde kämpfe ich mich weiter durch die Schlammhölle, bevor ich ein zweites Mal falle. Ich hab keine Kraft mehr, ziehe Helm und Jacke aus und japse wie eine alte kolumbianische Kuh. Mein Kopf ist tomatenrot: „Care roja“ sagen sie zu mir und lachen. Ich lache gequält mit. Bereits am zweiten Offroad-Tag geht mir die Kraft aus. Wir machen eine halbe Stunde Pause, ich esse Banane und trinke das lauwarme Wasser aus meinem Camelbak.

Eine weitere halbe Stunde geht es schlammig weiter, bevor wir endlich wieder festen Boden unter den Reifen haben. Was für eine Erleichterung. Im nächsten Ort tanken wir „Corriente“ für umgerechnet 2,50 €/ Gallone bevor wir die restlichen Kilometer auf Asphalt bis Salamina in Angriff nehmen. Dort checken wir im Hotel Bonsai ein. Die Jungs waschen ihre Kleidung sauber, ich bleibe so wie ich bin. Den Dreck trage ich mit Stolz.

Nach dem Abendessen spazieren wir durch den Ort und sehen uns das Feuerwerk an. Männer um die 70 schießen selbsgebastelte Raketen und – ja wirklich – Rohrbomben in die Luft. Sie halten die langen Raketen in den Händen, zünden sie an und ab gehts. Die Feuerwehr sichert das Spektakel im Umkreis von 1m ab. Sicher ist sicher!

Tag 3: Quesos und curvas

Es geht los. Heute starten wir unsere zweiwöchige Tour. Aber erstmal Frühstück. Das Übliche, Waffeln mit Früchten und Trinkschokolade, beides muss ich wieder hart gegen die aufdringliche Hundemeute verteidigen. Danach packe ich meine Taschen. Ich habe extra für den Trip die Reckless 40 Taschen von Mosko Moto besorgt. Das Befüllen der Drybags geht super leicht und auch das Montieren auf der Kathl. Ich bin gespannt wie sie sich auf der Reise so machen.

Hernan wollte um 11 Uhr hier sein, mittlerweile ist es 12 Uhr und kein Hernan in Sicht. Als er endlich ankommt, muss er sich noch umziehen, dann wird erstmal Kaffee getrunken. Um 13 Uhr sind wir startklar. Und es geht direkt heftig los mit den ersten Kilometern offroad – enge, steile Passagen mit grobem Geröll inklusive Wasserdurchfahrt. Level 1 meint Sergio bei einem kurzem Stopp. Ich wiederspreche, das war min. Level 2 europäischer Standard!

Im nächsten Ort, keine 10 km weiter, bemerkt Hernan, dass er die Papiere für das Motorrad vergessen hat. Also dreht er wieder um, aber nimmt den direkten Weg zurück zu Endurolandia, während wir vier an einem Imbiss auf ihn warten.

Alles hier ist mit Fleisch, die Arepas und auch die gefüllten Teigtaschen. Anita bestellt daher Obstsalat für mich. Behauptet sie zumindest, denn ich bekomme kurz darauf ein Dessert, das aus einer riesen Kugel Softeis besteht, garniert mit Erbeer- und Apfelscheiben. Unter dem Eis verstecken sich zwar allerhand weitere Früchte, diese schwimmen allerdings in einer süßen Soße. Nach dem Urlaub muss ich glaub ich erstmal eine Darmsanierung machen, so viel Zucker wie ich hier esse.

Mittlerweile ist auch Hernan wieder eingetroffen und nachdem er sein Fleisch-Taco verputzt hat, fahren wir weiter.

Keine Stunde später der nächste Stopp, der sehr viel mehr nach meinem Geschmack ist: Wir kehren in einer Käserei ein und probieren uns durch deren Sortiment. Von „Mozzarella“ bis „Parmesan“ ist alles dabei, mild, scharf, würzig, dazu gibt es krosses Weißbrot und Aufstriche mit Champignon oder Früchten.

Die heutige Etappe ist nicht lang, keine 100 km, aber da wir mehr als die Hälfte davon auf losem Untergrund fahren, sind wir noch einige Zeit unterwegs. Bisher bin ich eigentlich ganz zufrieden mit dem TKC 80, ich fühle mich relativ sicher. Einzig der Luftdruck ist für offrod zu hoch, dafür kann ich die Kathl auf Asphalt easy in die Kurven drücken. Und das sind einige. Es macht unglaublich Laune, hinter Sergio herzujagen.

Am frühen Abend erreichen wir Sonson und checken im Hotel Maravilla ein. Der Eingang ist so schmal, dass man nichtmal einen Drybag quer durch tragen kann. Doch sobald man die steile Treppe nach oben gestiegen ist, steht man in einem riesigen überdachten Innenhof, von dem an drei Seiten die Zimmer weggehen. Links im Innenhof steht ein geschmückter Weihnachtsbaum, gegenüber ist eine kleine Kaffee-Ecke mit Bartischen eingerichtet. Die Nacht kostet 45.000 Pesos, also ca. 12 €/Person.

Während die anderen Essen gehen, entscheide ich mich, im Bett zu bleiben und zu schreiben. Ich hab seit Ankunft in Kolumbien eine Erkältung, oder Nachwirkungen vom Party-Wochenende oder ich bin allergisch auf die Hunde oder es ist eine Mischung aus allem. Daher will ich mich lieber erholen, um bald wieder 100% fit und einsatzbereit zu sein.

2 Tage Endurotraining mit der neuen R 1250 GS HP

Aus zwei Gründen bin ich bisher nie die R 1200 GS gefahren – und ich hätte schon einige Male Gelegenheit dazu gehabt.

  1. Ich hatte Angst vor der komplexen Technik. Dass ich aus Versehen irgendeinen Knopf drücke, eine Einstellung verändere und das Ding mit mir durchgeht.
  2. Ich hielt mich mit meinen 1,65m für zu klein für die große GS.

Beides Blödsinn, wie sich letztes Wochenende herausgestellt hat. Es gibt für alles eine Lösung. Und in meinem Fall war die Lösung ein Endurotraining beim Enduro Action Team in der Nähe von Leipzig. Zusammen mit Barbara, Amelie, Liane und Sandra hatte ich ein 2-Tages-Individualtraining gebucht. Mit der neuen R 1250 GS!

Ich habe den Gründer des „Enduro Action Teams“ Robert Loschütz vor ein paar Jahren beim BMW Motorrad Testcamp in Almeria kennen gelernt – damals hat Rob noch im Verkauf in der BMW Motorrad Niederlassung in Leipzig gearbeitet. Letztes Jahr hat er den Job aufgegeben, um sich ausschließlich seiner Leidenschaft, dem Endurofahren, zu widmen. Was für eine großartige Entscheidung und Glück für uns, die wir die nächsten zwei Tage bei und mit ihm trainieren dürfen.

Freitag nach der Arbeit hetze ich also heim, packe in Windeseile meine Moped-Sachen und lade alles zu Barbara ins Auto. Danach holen wir Sandra ab, die bereits am Straßenrand auf uns wartet – vor ihr eine vollgestopfte blaue Ikea Tüte – und los geht’s Richtung Leipzig! Es ist eine lustige Fahrt, wir freuen uns alle auf das Training, das für uns auch quasi der Saisonstart ist. Das letzte Mal saß ich im Oktober auf einem Moped, einer Indian und bin den PCH1 rauf und runter gedüst. Nach gut vier Stunden Fahrt erreichen wir unser Hotel in Schmannewitz. Die Vorfreude auf das Training verschwindet schlagartig, als ich beim Ausladen des Autos merke, dass ich meine Motorradjacke und –hose vergessen habe. Wie kann man eigentlich so doof sein! Ich hab Helm, Stiefel, Handschuhe und alle Protektoren dabei, aber Hose und Jacke liegen noch daheim auf dem Bett. Ich muss dazu sagen, dass die Nacht von Donnerstag auf Freitag recht kurz war, weil ich noch auf ein paar Drinks in der Dive Bar war. Das erklärt zwar meine Zerstreutheit, aber saublöd ist es trotzdem. Ich beichte Rob das Malheur per WhatsApp. Sein Anruf erfolgt umgehend. Er hat zwei Hosen daheim, Größe S und M, die er morgen seinem Mitarbeiter Volker mitgeben wird, der uns vom Hotel abholt und zu den Bikes bringen wird. Glücklicherweise hat Barbara eine zweite Jacke dabei, die mir passt. Halbwegs beruhigt gehe ich ins Bett.

Pünktlich am nächsten Tag um 8:30 Uhr fährt Volker in seinem roten VW Bus vor. Die Hosen für mich hat er dabei und siehe da, Größe S passt, wenn ich den Gürtel ganz eng schnalle. Glück gehabt! Volker bringt uns vier – mittlerweile haben wir auch Amelie und ihren Freund Chris getroffen – zum Treffpunkt ins „Gasthaus zu den Schildbürgern“ für das Briefing. Und da stehen sie: 25 nagelneue R 1250 GS HP. Was für ein Anblick! Die Sonne scheint, mein Herz hüpft. Ich mache die erste Sitzprobe auf meiner tiefergelegten Version. Hui, denke ich mir, sie ist immer noch ziemlich hoch im Vergleich zu meiner F 650 GS. Da musst du jetzt durch, sage ich zu mir. Das klappt schon, Rob hat es dir versprochen. Beim Briefing treffen wir die restlichen Teilnehmer. Bis auf Liane, die fünfte in unserer Truppe, sind es nur Männer. Rob erklärt uns zuerst einige grundsätzliche Verhaltensregeln, stellt die anderen Instruktoren vor und verteilt im Anschluss die Schlüssel für die GS. Liane, Amelie, Sandra und ich sind zusammen in einer Gruppe, da wir alle ungefähr auf dem gleichen Level fahren. Barbara war noch nie Offroad unterwegs und wird daher auf eine G 310 GS und in eine Anfänger-Gruppe zu Bob gesteckt.

Wir fahren gruppenweise vom Gasthaus zum Offroad-Park. Ich sitze zum ersten Mal auf einer GS und bewege stolze 250 kg durch die Straßen von Meltewitz. Ich bin noch keine 500m gefahren, habe gerade mal in den 2. Gang geschaltet und muss schon grinsen. Das geht ja gut los. Der Boxermotor gefällt mir schon immer besser als der Paralleltwin – optisch und vom Sound her sowieso, aber das Fahrgefühl ist auch ein ganz anderes. Während ich auf meiner kleinen Zicki den Motor kaum wahrnehme, spüre ich die volle Kraft des 136 PS starken Boxermotors deutlich. Mühelos bewege ich die GS um die Kurven und stelle dabei fest, wie leicht sie sich handeln lässt und wie bequem ich auf ihr sitze. Dass die Ergonomie auch für meine Größe so gut geeignet ist, hatte ich ehrlich gesagt nicht erwartet. Vom Eingangstor bis zur „Basis“ im Park nehmen wir die ersten Meter auf losem Untergrund. Ich schalte in den Enduro Pro Modus und gebe leicht Gas. Hinter mir staubt es.

An der Basis angekommen die erste Schrecksekunde, als ich beim Parken nicht wie erwartet mit dem Fuß auf den Boden komme. Die GS kippt so weit nach links, dass ich sie nur Kraft meiner Gedanken (kein Witz!) und mit viel Glück gerade noch halten und wieder aufrichten kann. Wie peinlich wäre das denn gewesen, wenn sie mir hier vor allen anderen Teilnehmern umfällt. Rob erkennt mein Problem sofort und tauscht den Seriensitz gegen einen niedrigen. Jetzt haben wir das volle Potenzial ausgeschöpft: Tieferlegung, niedriger Sitz und entsprechende Fahrwerkseinstellung.

Nach einer kurzen Aufwärmrunde sind wir bereit fürs Training. Rob fährt mit uns, den 4 Mädels, zum Übungsplatz und wir starten mit den ersten Übungen: Rechts- und Linkskurven, am Lenkeranschlag wenden, Anfahren auf verschiedenen Untergründen, Kupplung schleifen lassen. Zur praktischen Anwendung drehen wir anschließend ein paar Runden durch den Park, bevor wir uns zum Mittagessen mit den anderen Gruppen im Gasthaus „Zu den Schildbürgern“ treffen. Wir sitzen draußen am See und genießen das gute Essen und herrliche Wetter und tauschen die ersten Erfahrungen mit der neuen GS aus. Auf dem Rückweg in den Park fahren wir eine gute Stunde kreuz und quer durch die wunderschöne sächsische Landschaft, auf schmalen Pfaden durch Wälder und brettern auf Schotterwegen an Feldern und Wiesen entlang.  Zurück im Park widmen wir uns wieder unserem Training, es folgen weitere Übungen, wie Brems- und Beschleunigungstechniken. Ich habe mittlerweilse ein super Gefühl für das Bike entwickelt und vertraue ihr total. Es ist unglaublich wie leicht sich die 250kg auf jedem Terrain bewegen lassen und es passiert doch tatsächlich, dass ich einen kleinen Mini-Powerdrift hinlege. Zumindest fühlt es sich so an, denn das Hinterrad dreht durch und ich meine, dass das Heck ein paar Zentimeter nach vorne gekommen ist. Der krönende Abschluss unseres ersten Trainingtages ist das Shooting mit Wheels and Vibes, das Barbara und ich im Februar auf der IMOT gewonnen hatten. Es ist bereits nach 18 Uhr, das Licht ist perfekt, die Landschaft um uns herum schimmert rot-gold. Die beiden Fotografen Marco und Andreas haben mehrere Locations ausgewählt, an denen sie uns und die Bikes in Szene setzen. Ich bin ziemlich fertig vom Training – was man mir auch ansieht. Ein großes Kompliment daher an die beiden Fotografen. Was sie gezaubert haben, ist wirklich großartig.

Tag 2 unseres Trainings beginnt wieder relativ zeitig. Rob holt uns nach dem Frühstück im Hotel ab und wir fahren gemeinsam in den Park, wärmen zuerst uns wieder auf und starten dann mit einer gemütlichen Fahrt durchs Gelände. Es ist wieder ein herrlicher Tag, die Sonne scheint und die große GS und ich harmonieren auch heute ganz wunderbar miteinander. Wir machen diverse Übungen, u.a. erklärt Rob, wie man richtig driftet. So richtig klappt es bei keiner von uns auf Anhieb, aber die Anfänge sind gemacht: Ich schaffe es, dass das Hinterrad relativ gleichmäßig im Wechsel blockiert und durchdreht. Und wieder bin ich hocherfreut, wie gut ich die dicke Lady beherrschen kann. Es folgen weitere Übungen und kurz bevor wir zum Mittagessen aufbrechen, zeigt uns Rob eine Stelle im Park, von wo aus man über den gesamten See im Steinbruch sehen kann. Die Szenerie ist unglaublich, der See unterhalb der steilen Felsen ist türkis bis tiefblau. Es fühlt sich eher nach Kanada als nach Sachsen an. Es ist der perfekte Ort für eine kurze Verschnaufpause.

Nachmittags drehen wir wieder eine große Runde außerhalb des Parks durch die sächsische Landschaft und erreichen eine alte Mühle auf einer Anhöhe. Hier wartet zur Überraschung Volkers Frau Bärbel mit selbstgebackenem Kuchen und Kaffee auf uns. Nachdem wir uns gestärkt haben, geht es weiter querfeldein bis wir in einen zweiten Steinbruch gelangen. Hier komme ich endlich zu meiner eigentlichen Lieblingsdisziplin beim Endurofahren: Wasserdurchfahrten. Ich liebe es, mit Vollgas durchs Gewässer zu heizen. Und die Pfütze vor mir ist nicht klein. Mein kleines Enduroherz schlägt schneller. Viermal darf ich mit der GS durchs Wasser pflügen, allerdings ermahnt mich Rob nach dem ersten Mal, nicht noch schneller zu werden, da mein Vorderrad bereits geschwommen ist. Hatte ich gar nicht gemerkt, ich hab mich total professionell darauf konzentriert, wie hoch das Wasser spritzt. Pitschnasse bin ich am Ende, was mich allerdings nicht daran hindert ein letztes Mal den Weg durchs Wasser zu nehmen, diesmal zusammen mit Sandra, Amelie und Liane. Das Foto, das hier entsteht, ist episch. 4 Mädels, 4 GS, 544 PS.

In den letzten Jahren habe ich einige Endurotrainings gemacht, alle waren prima und haben mir viel gebracht in Puncto Fahrtechnik. Aber in den zwei Tagen hier beim Enduro Action Team habe ich nicht nur gelernt, wie man eine R 1250 GS sicher durchs Gelände bewegt sondern dass es vor allem darauf ankommt, dem Motorrad zu vertrauen und an sich selbst und seine eigenen Fähigkeiten zu glauben. Denn erst dann fängt der Spaß so richtig an!

Weitere Infos zum Angebot vom Enduro Action Team findest du hier: https://www.enduroactionteam.com/

Danke an Marco und Andreas für die wunderschönen Erinnerungs-Fotos: https://wheels-and-vibes.com/

Das Bergdorf Ushguli

Auf Ushguli freue ich mich besonders, da ich endlich mal wieder offroad fahren möchte. Ushguli liegt auf über 2.000 m und der Weg dorthin ist ein herrlicher Track, der uns durch kleine ursprüngliche Dörfer und viel Wald hoch in die Berge führt, inklusive Blick auf einen Gletscher.

Wie in der Wetter-App vorhergesagt, hat es hier die letzten zwei Tage geregnet und daher ist der Track vor allem eines: matschig und übersäht mit zum Teil tiefen Wasserlöchern. Ausweichen oft unmöglich. Unsere Bikes sind nach kürzester Zeit total eingesaut. Roland hat ja mittlerweile den abgefahrenen Heidenau K60 gegen einen Rennslick getauscht und steht daher nicht nur 1x quer auf der Fahrbahn. Auf einem besonders steilen und steinigen Stück lege ich Zicki kurz ab, aber was wäre ein ordentlicher Offroad-Ride ohne Sturz. Es ist herrlich. Ich genieße es so sehr, den Matsch, den schwierigen Track und die Aussicht auf die Berge um uns herum.

Wir erreichen das kleine Bergdorf Ushguli kurz vor der Dämmerung, tiefe Wolken hängen in den schneebedeckten Bergen. Auf der Suche nach einem Zimmer fahren wir blöderweise durch den Ort. Die Straße ist in einem schlimmeren Zustand als alles, was wir heute gefahren sind. Entnervt zurück auf der „Hauptstraße“ (auch kein Asphalt!) dulde ich keine weiteren Umweg mehr und wir checken in der ersten Pension ein. Dort treffen wir zwei andere Motorradfahrer, Micha und Christian, aus Hannover. Sie haben sich in Georgien zwei KTM ausgeliehen und machen hier zwei Wochen Urlaub. Wir essen gemeinsam zu Abend, trinken viel zu viel Chacha und erzählen uns die wildesten Motorradabenteuer. Es ist nach 1 Uhr, als Roland und ich ins Bett kriechen.