Griechischer Wein in den griechischen Bergen

Irgendwann musste meine riesen Dose Kettenspray ja leer sein, nachdem Roland mich spätestens alle 1.000 km daran erinnert, die Kette zu schmieren. Also muss ich mir heute eine neue besorgen und Roland möchte kurz beim BMW Händler vorbeischauen, da eine Befestigung vom Helmvisier ausgerissen ist und er das Visier so festkleben musste, dass es immer geschlossen ist. Was auf Dauer echt unangenehm und stickig ist.

Wir packen unsere Bikes und fahren zuerst zu einem kleinen Mopedladen direkt beim Hostel ums Eck. Es ist ein Familienbetrieb und während die Tochter im Lager nach dem Spray sucht, unterhalte ich mich mit der Mutter und ihrem Sohn. Sie haben Verwandte in Dachau und als ich ihnen erzähle, wo Roland und ich überall unterwegs waren bevor wir jetzt wieder nach München fahren, sind sie total begeistert. So sehr, dass sie mir das Kettenspray schenken.

Der Besuch beim BMW Händler ist leider weniger erfolgreich, das Ersatzteil für das Visier müsste man bestellen. Dauert ein paar Tage. Meine Idee, das Teil von einem Ausstellungsstück zu nehmen, findet der Mitarbeiter nicht gut. Dann müssten wir schon den ganzen Helm kaufen meint er. Scherzkeks. Also bleibt Rolands Visier erstmal zu.

Wir sehen uns noch ein bisschen im Showroom um, ich setze mich auf die G310GS – hoppla ist die hoch. Grad mal mit den Zehenspitzen komm ich runter. Roland dagegen passt ganz gut drauf, wie ich finde.

Wie gestern hat Roland auch heute wieder „Mautstraßen vermeiden“ ins Navi eingegeben und so fahren wir abwechselnd auf der Schnellstraße oder die kostenfreie, kleinere Umgehungsstraße. Das geht für einige Zeit so, bis Roland kurz nach Kozani einen Abzweig zu einer wunderbaren Bergstrecke entdeckt und so programmiert er kurzerhand die Route um. Auch wenn das bedeutet, dass wir einen Umweg fahren und unser Tagesziel heute nicht erreichen. Aber man muss die Kurvenfeste eben feiern, wie sie fallen. Und es lohnt sich wirklich! Die Straße 20 führt uns auf bestem Asphalt in die Berge durch eine wunderbare Landschaft. Eine Kurve folgt auf die nächste und da wir quasi alleine auf der Straße sind haben wir doppelt Spaß. Wir finden sogar Zeit für ein kleines Shooting an den blau-weißen Curbs. Roland lässt die nineT fliegen und alles, was an den Bags hängt, schleift über den Asphalt. Zum Sonnenuntergang erreichen wir das Bergdorf Konitsa nahe der albanischen Grenze und finden ein Zimmer in einer Pension etwas oberhalb mit Ausblick auf das Dorf. Zum Abendessen gibt es natürlich griechischen Salat, Bifteki und den guten Malamatina Wein.

Zurück in Europa

Gestern waren es knapp 500 km und heute wird es auch nicht weniger sein, da wir es bis nach Thessaloniki schaffen möchten. Slowtravel geht definitiv anders.

Die Fährüberfahrt von Canakkale auf den europäischen Kontinent geht zügig und kostet keine 1,50€ pro Person. Wehmütig stehe ich an Deck und blicke zurück nach Asien. Es liegen noch ein paar tausend Kilometer Reise vor uns und ich freue mich auch auf daheim. Trotzdem hätte ich nichts dagegen, wenn wir die nächste Fähre zurück nehmen und wieder Richtung Kirgisistan starten. Ernsthaft, ich würde sofort umdrehen und jeden Kilometer nochmal fahren, wenn ich das nötige Kleingeld hätte. Hab ich aber nicht und so verlassen wir die Fähre in Richtung Griechenland.

Der Grenzübergang ist schnell erledigt, der Grenzbeamte winkt uns zwar kurz  raus, aber der Mann im Auto hinter uns spricht Deutsch und Türkisch und vermittelt. Wie lange wir hier waren, und ob wir Verwandte in der Türkei haben, will er wissen. „Ein paar Tage“ und „Nein“ antworten wir und dürfen weiter. Der griechische Beamte sieht unseren deutschen Pass und winkt uns direkt durch.

Europa empfängt uns mit Mautgebühren und Benzin für 1,60 €. Die Mautgebühren umgehen wir, indem wir sofort von der Autobahn runterfahren. Aber tanken müssen wir, da gibt es keine Alternative. 49 € zahlen wir für 2 volle Tanks. Im Iran hätte uns das keine 4 € gekostet. Es ist zum Heulen.

In Thessaloniki finden wir ein günstiges Hostel direkt in der Stadt. Da es keinen sicheren Parkplatz gibt und die Managerin meint, es wird hier viel geklaut, nehmen wir alle Taschen ab und Roland sperrt unsere Bikes außerdem mit der Kette zusammen. Zum Abendessen hat Roland Fisch und ich Salat wie so oft auf der Reise – manche Dinge ändern sich eben auch in Europa nicht.