Tag 5: Auf 4.000 m

Nachdem die Bikes beladen sind, frühstücken wir im „Tres Cuarto“ um die Ecke. Die Bedienung ist nicht die freundlichste, alle unsere Fragen beantwortet sie mit einem knappen „No“. Es gibt keinen O-Saft, keinen Tee, keine Marmelade. Ihr „con mucho gusto“ als wir die Rechnung bezahlen, kaufe ich ihr nicht ab. Die Laune lass ich mir aber nicht verderben, denn heute steht eine Passüberquerung auf 4.000m an. Es geht zum „Nevado de Santa Isabel“.

Zuerst fahren wir 80 km auf Asphalt die wunderschönsten Bergstrecken, eine Kurve jagt die nächste. Ich glaube, in Kolumbien kann man gar nicht länger als 10 m geradeaus fahren. Es ist herrlich.

Dann biegen wir in eine unbefestigte Straße, die schmaler und steiniger wird, je höher wir kommen. Auch heute haben wir uns für den langen Weg entschieden aber wenigstens komme ich diesmal nicht so ins Schwitzen da hier so langsam die Temperaturen fallen. Auf 3.000m hat es trotzdem noch 15°C und die Vegetation ist immer noch schön grün, auch dank der Vulkan-Erde. Daher auch das riesigen Kartoffelfeld, an dem wir kurze Zeit später vorbei fahren.

Wir halten an einem Hotel, das bei Wanderern und Mountainbikern sehr beliebt ist. Die Betreiberin bringt uns Te de Coca zum Aufwärmen, dann machen wir uns wieder auf den Weg. Nach gut 20 Minuten durchfahren wir eine Schranke und erreichen kurz darauf die 4.000 m. Hier treffen wir auf einen Aufseher, der uns erklärt, dass wir nicht weiter nach oben dürfen, da der Vulkan Santa Isabel leicht aktiv ist. Schade, also werden wir heute keinen Schnee mehr sehen. Nach einem kurzen Plausch machen wir uns wieder auf den Weg.

Um 16 Uhr erreichen wir unsere Unterkunft, das Hostal „La Laguna“, das mitten in den Bergen auf 2.360m liegt. Das Hostal besteht aus einem U-förmigen Haupthaus, mit einer umlaufenden, roten Holz-Veranda zum Innenhof hin. Alle Zimmer haben den Eingang zur Veranda. Außerdem gibt es noch sogenannte Cabaña für bis zu 6 Personen, das sind kleine schnucklige Holzhütten, die etwas entfernt vom Haupthaus stehen. Wir entscheiden uns für die Zimmer, da sie nur 10.000 Pesos (2,60€) pro Person mehr kosten. Natürlich gibt es auch hier wieder jede Menge Tiere. Pferde, einen schneeweißen Esel, Hühner, schwarzweiß getupfte Enten sowie Hunde und Katzen in allen Größen und Farben. Der größte Hund, eine Dogge begrüßt uns freudig und steckt ihre Schnauze samt Maulkorb erstmal zwischen meine Beine. Ich erstarre, traue mich nicht zu bewegen. Bei Erhan macht sie das gleiche. Da sind mir die Miezekatzen deutlich lieber.

Wir sollen gleich Essen bestellen, meint die eine Dame und verscheucht die Dogge. Es werden 50 Kinder erwartet und sie hätte uns gern vorher versorgt. Ich bekomme einen vegetarischen Teller mit Gemüsepflänzchen aus Zucchini und Aubergine, die anderen essen Steak.

Danach beziehen wir unsere Zimmer und da es weder Wifi noch Handyempfang gibt, setze ich mich auf die Veranda und schreibe weiter am Blog. Erhan ist leicht höhenkrank und hat sich hingelegt. Sergio fliegt mit der Drohne und zeigt mir einen Wasserfall in der Nähe. Anita und ich wollen ihn uns ansehen und wir laufen mit Sergio los, querfeldein über die Wiesen, vorbei an grasenden Pferden bis wir an einen Hang gelangen, von dem man aus den mächtigen Wasserfall sehen kann. Laut und wild spuckt der Berg das Wasser 80m in die Tiefe. Die Natur ist immer wieder berindruckend.

Es dämmert und wir gehen zurück zum Hostal. Ich hab immer noch meine Motorradkleidung an, es ist kalt und ich hab gerade keine Lust mich zu duschen und umzuziehen.

Ich setze mich wieder auf der Veranda als die Jeeps mit den Kindern ankommen. Es sind 52 Jungs und Mädchen von der Küste, aus dem Gebiet, wo die Chiquita Bananen angebaut werden. Die Kids nehmen an einem Programm teil, das ihnen die Kultur des gesamten Kolumbiens vermitteln soll. Damit sie in ihrem Leben mehr sehen, als ihr Zuhause. Wie Erhan vertragen einige Jungs die Höhe nicht (scheint wohl so ein Männer-Ding zu sein) und jammern ein bisschen, aber als das Essen serviert wird, wird es laut und hektisch. Ein Junge sucht den Kontakt zu uns, er heißt Juan Carlos und er erklärt, dass er ein Nachkomme der echten Ureinwohner ist. Sergio zeigt ihm auf einer Landkarte auf dem Handy, wo ich herkomme und Juan Carlos ist sichtlich beeindruckt. Zum Abschied singen die Kinder ein Dankeslied an die Küche, Juan Carlos kommt zu uns und verabschiedet sich persönlich. Ich gebe ihm einen Aufkleber von mir mit und er freut sich sehr darüber.

Ich widme mich wieder meinem Blog und der Flasche Rotwein, die ich für uns bestellt hatte. Auf einmal fängt es an, heftig zu regnen. Eben hatte Sergio noch davon gesprochen, dass der sonst sehr anspruchsvolle Track heute echt easy war, weil es trocken war. Ich schlage die Hände über dem Kopf zusammen: Und was ist Morgen? Nasse, rutschige Steine in Kombination mit dem TKC 80 lassen mich schaudern und ich bestelle schnell die zweite Flasche Wein, die mit 16€ übrigens teurer ist, als die Übernachtung. Ich war schon immer ein großer Fan der Verdrängungs-Taktik.

Tour:
160km von Salamina nach Villamaria über den Nevada Santa Isabel
Hostal La Laguna (45.000 Pesos/Person)

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